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In Mori (Stockelsdorf) bei Lübeck aufgewachsen, habe ich bereits von 1916 bis 1918 am Ersten Weltkrieg im Füsilierregiment "Königin" Nr. 86 teilgenommen. Im August 1939 wurde ich als Veteran in die Wehrmacht eingezogen. In diesem Blog veröffentliche ich mein Kriegstagebuch.

Samstag, 25. Mai 2013

25. Mai 1940 - Jagers te Voet



Während wir uns seit 4 Uhr als 3. Staffel in Meigem befanden, haben sich die Liniensoldaten wieder einmal „auf englisch empfohlen“ (welch angemessener Ausdruck!). Denn unsere Freunde, die Tommies sind Spezialisten in diesen ungerechtfertigten Rückzügen.
Heute morgen wurden 65 Mann von … 3 Deutschen gefangen genommen. Die meisten übrigens sind deutschfreundlich, und gerade sie haben uns in die Lage geführt, in der wir uns jetzt befinden.
Auch das III. Batl. der 1. Jäger hat seit Mittag die vordere Linie bezogen, und wir haben soeben den Befehl zum Gegenangriff erhalten. Man ist stolz darauf, ein Jäger zu sein, Kleines, wenn man bedenkt, daß es die erste Operation dieser Art ist, die sich die belgische Armee anschickt, auszuführen.
Die „Eiserne Division“ wird heute abend die Ehre haben. Ich werde an euch beide denken, ihr Kleinen, oft, sehr oft! Ich denke viel an euch und ich leide darunter, Dir nur in diesem Heft schreiben zu können; noch mehr jedoch, daß ich keine Nachricht von Dir erhalte. Denn ich bin sicher, daß Du mir jeden Tag schreibst und Du vor Besorgnis umkommen musst, nichts mehr von Deinem kleinen Gatten zu erfahren. Ein Glück, daß Du Claude bei Dir hast, unsere kleine Claude, die ich vielleicht jetzt schon nicht mehr wiedererkennen würde. Wenn sie größer ist, wenn sie ein junges Mädchen ist, wirst Du ihr erzählen, Kleines, wie wir uns geliebt haben. Erinnerst Du Dich noch an Avignon, an die Provence, an alles, was vorher und nachher war? An die schöne heitere Sonne, die damals schien, als wir noch zu zweit waren und … zukünftig drei! Das Sofa, die Anemonen, die Untergrundbahn, der Tokaierwein, der Zug, alles fällt mir im Grad meiner Erinnerungen zusammenhanglos wieder ein. Es ist süß, Kleines, süß und doch auch trübselig, das wiederzusehen, was man einmal kannte und zu sehen, was man ist…. Bald mehr.
Es wird Abend, und der Gegenangriff wird abgesagt. Begründung: es ist schon zu spät, um die Bewegung zu wagen.
Unsere Artillerie hat einige Schüsse aufs Geratewohl abgefeuert, die dazu führten, die zwei oder drei Pappeln vor uns zu köpfen und eine Granate mitten in meinen Zug zu schicken. Wie durch ein Wunder niemand verletzt!
- Der Krieg, Kleines!



While we were from 4a.m. the third unit in line, the front-line soldiers once more “took
their farewells in English” (what an appropriate expression!) [1].Because our friends, the Tommies, are specialists in these unwarranted retreats.
This morning 65 men were taken prisoner by… 3 Germans. Incidentally most of them are favourable towards Germany, and they are the ones who have led us into the situation in which we now find ourselves.
The 3rdBattalion of the 1stJäger have also moved to the front line since mid-day, and we have just received orders to make the counter-attack. We are proud to be Jäger, little one, when you
consider that this is the first operation of this kind that the Belgian army has been prepared to carry out.
The “Iron Division” will have this honour this evening. I will think of you both, my little ones, often, very often! I think of you often and suffer from the fact that I can only write in this notebook; and even more from the fact that I get no news of you. Because I am sure that you write to me every day, and you must be dying of anxiety that you are hearing nothing from your little husband. How lucky that you have Claude at your side, our little Claude, whom I might not recognise any more. When she is bigger, when she is a young lady, you will tell her, my little one, how we loved each other. Do you still remember Avignon, Provence, everything that happened before and afterwards? The lovely joyful sun, which shone as there were two of us and…. we were to be three! The sofa, the anemones, the underground, the Tokay wine, the train, everything stored in my memories occurs to me once more incoherently. It is sweet, little one, sweet yet also depressing to see again what one once knew, and to see what one is now… Will write more soon.
Evening is drawing in, and the counter-attack is cancelled, Reasoning: it is already too late to risk the manoeuvre. Our artillery has fired off a few shots on the off-chance, which had the result of topping two or three poplars in front of us and sending a grenade into the middle of my platoon. As if by a miracle, no-one was hurt.
That’s war, little one!


[1]
Dieter is translating a French idiom into German, where there is no equivalent. The original French expression might have been “filer à l’Anglaise” = “to do a runner” (literally: to head off in the English manner)
Interestingly, however, the equivalent in English is “to take French leave” = “Abschied nach französischer Art nehmen” (= “sich davonmachen”)



  FRA IT

25. Mai 1940

½ 5 Uhr geweckt. Wir marschieren zurück über Westrem nach Messemen und gelangen auf die Hauptstrasse von Brüssel nach Gent. Wir kommen nach Kwatrecht, wo so entsetzliche Zerstörungen angerichtet sind, wie wir sie bislang in dem Umfang so noch nicht gesehen haben. Hier hatte sich der Feind mächtig zur Wehr gesetzt. Ungeheure Einschläge stellen wir fest und viele Minenfelder. Etliche deutsche Soldaten sind hier gefallen; ihre Gräber hat man mit Holzkreuzen und Blumen versehen. Viele Kühe und Schafe liegen erschossen auf den Weiden; ihre Leiber sind mächtig aufgedunsen. Geschütze des Feindes stehen noch eingebaut in den Stellungen. Furchtbare Szenen bieten sich unseren Augen. Tausende von Zivilflüchtlingen strömen wieder an uns vorbei. Über Melle und Gentbrügge erreichen wir Gent.
Hier gibt es ein langes Halt. Ich gehe in ein Haus zu Zivilisten,

Wasche mich dort und mache dann einige Einkäufe. Mir bietet sich Gelegenheit, die ersten Unterhaltungen in französischer Sprache zu führen. Nach Mittag rücken wir ab; es geht nach Gentbrügge zurück.
Dort machen wir und selbst Quartier in einem leerstehenden Haus. Ich werde schnell mit verschiedenen Einwohnern bekannt. Eine Frau wäscht mir die Wäsche. Diese ist gerade gekocht, als der Befehl zum Abmarsch kommt. Mit der nassen Wäsche geht es weiter. Wir ziehen wieder nach Gent und halten in einem Park. In einer Großgarage bezieht die ganze Kompanie Quartier. Auf dem kalten Steinfußboden legen wir uns schlafen. Während der Nacht tobt ein mächtiges Artilleriefeuer. Unser 2. Zug wird eingesetzt.

 
Reveille at 4.30. We march back through Westrem to Messemen and reach the main road Brussels to Ghent. We get to Kwatrecht, where more terrible destruction has been inflicted than we have yet seen in this area. Here the enemy had fought mightily. We notice huge craters and many minefields. Quite a few German soldiers have been killed here; their graves have been provided with wooden crosses and flowers. Many shot cows and sheep lie in the meadows; their bodies are hugely bloated. Enemy guns remain in their emplacements. Horrible scenes are before our eyes. Once more thousands of civilian refugees stream past us. We go though Mell and Gentbrügge to arrive in Ghent.

Here there is a long pause. I go to a civilian house, have a wash there then do some shopping. I have the opportunity to have my first conversations in the French language. After mid-day we move off; we go back through Gentbrügge.
There we set up quarters in an abandoned house. I quickly make acquaintance with various locals. A women does my washing for me. It has just been boiled when the order to march on arrives. I carry on with my wet clothes. We head towards Ghent again and stop in a park. The whole company finds quarters in a car park. We lie down to sleep on the cold stone floor. During the night huge artillery fire rages. Our 2nd platoon is engaged in the fighting.


FRA IT