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In Mori (Stockelsdorf) bei Lübeck aufgewachsen, habe ich bereits von 1916 bis 1918 am Ersten Weltkrieg im Füsilierregiment "Königin" Nr. 86 teilgenommen. Im August 1939 wurde ich als Veteran in die Wehrmacht eingezogen. In diesem Blog veröffentliche ich mein Kriegstagebuch.

Freitag, 21. Juni 2013

Veteranen auf der Vimyhöhe, Propaganda

Auch der deutschen Propaganda entging nicht, dass ehemalige Soldaten des 1.Weltkrieges an die alten Schlachtfelder zurückkehrten.
Hier ein Beispiel vom 28.07.1940, das Dieters kritische Einstellung bzgl. der "Vermarktung" der Stätte ebenfalls thematisiert:


1940 in Frankreich auf der Vimy-Höhe: Mit deutschem Heldenblut getränkte Erde.



Die Stätten der schweren Stellungskämpfe im Weltkrieg sind in diesen Tagen oft das Ziel deutscher Soldaten. Besonders bei den älteren von ihnen ruft der Aufenthalt an diesen von deutschem Heldenblut getränkten Stätten zahlreiche Erinnerungen an das Fronterlebnis des Weltkrieges wach. - Bekanntlich hatten sich die Franzosen nicht gescheut, die deutschen und alliierten Stellungen aus dem Jahre 1917 auf der Vimy-Höhe zu einer Sehenswürdigkeit der Fremdenindustrie zu machen.

(L 5714) - PK van der Becke - Scherl, AV 60049, "Fr" OKW


Veterans on the Vimy Ridge, propaganda picture
Neither did German propaganda miss the fact that former 1st World War soldiers returned to the old battlefields.
Here is an example from 28.07.1940, which picks up the theme of Dieter's critical attitude to the "marketing" of the sites.


1940 in France on the Vimy Ridge; soil soaked in the blood of German heroes

The sites of the difficult static battles of the Great War are often nowadays the destination of German soldiers. Particularly for the older ones among them, their stay at these sites soaked in the blood of German heroes awakes countless memories of experiences at the front in the Great War. It is well-known that the French had no qualms about turning the German and Allied positions of 1917 on the Vimy Ridge into a tourist attraction.


FRA IT

21. Juni 1940

Ein großartiger Tag! Morgens ½ 8 Uhr fahren wir mit einigen Kameraden mit einem P.K.W. und einem L.K.W. nach Arras. Wir haben dort verschiedene Aufträge zu erledigen. Ich sitze mit Stampfer und Hahn im Personenwagen. Die Fahrt geht durch altes Kampfgelände zunächst über Beaumont-Hamel, Miraumont, Achiet-le Petit, Puisieux nach dem viel umkämpften Arras. Hier haben Bomben und Granaten fürchterlich gewütet. Am schlimmsten sind die Zerstörungen beim  Bahnhof. Nach aussage der Zivilbevölkerung wurden 300 Zivilisten getötet und ungefähr 1000 verwundet. Auf unserem Rundgang durch die Stadt treffen wir viele Deutsche oder ehemalige Deutsche aus Lothringen, aus dem Rheinland und Westfalen, die auf dem Rückweg zur Heimat sind. Man kann den ganzen Tag deutsch sprechen. Alle schimpfen auf die Franzosen, die sie belogen und betrogen haben. Uns scheint, daß unter all diesen Deutschsprechenden die meisten ehemaligen Emigranten sind, die jetzt ihr deutsches Herz wiederentdeckt haben. Gegen 7 Uhr abends fahren wir mit unseren Autos aus Arras fort. Wir fahren zu den Schlachtfeldern des Weltkrieges. 
Unser Weg führt uns über St. Cathérine nach dem großen deutschen Kriegsfriedhof La Targette. Hier liegen angeblich 48000 Deutsche begraben. Unendlich ist die Zahl der dunklen Holzkreuze. Tagelang könnte man mit dem Lesen der Namen der Gefallenen zubringen. Trotzdem macht die Gesamtanlage einen gewaltigen Eindruck, und die Gräber sind in gutem Zustand. Blumen blühen auf dem weißen Kalkboden. Mir fällt die große Zahl von Bayern auf, die hier beigesetzt sind. Auf jedem Kreuz sind immer gleichzeitig 2 Namen verzeichnet, einer auf der Vorder-, der andere auf der Rückseite. Wir fahren  weiter auf die alles beherrschende Lorettohöhe, von der man einen wunderschönen Ausblick nach allen Seiten, ganz besonders nach Osten auf die in der Ebene liegende Stadt Lens mit ihren zahlreichen Kohlehalden hat. Auf der Höhe besuchen wir zunächst das gewaltige Denkmal, das in Form eines Leuchtturmes gebaut ist und auch eine Scheinwerferanlage in der Turmspitze besitzt. An der Vorderseite des Turmes liest man die Worte: „ A Nos Glorieux Morts Des Champs de Bataille de l´Artois et des Flandres”.
[KARTE]

Hinter dem Turm erstrecken sich zahlreiche Gräberreihen. Dann besuchen wir die Kapelle Notre Dame der Lorette, die in kurzer Entfernung neben dem Denkmal steht. Eine wundersame, gewaltige Stimmung geht vom Innern des Raumes aus, der ganz wunderschön ausgemalt und mit Mosaikwerken versehen ist. Eine feierliche Ruhe beherrscht den Raum. Der jetzige Krieg ist nicht ganz spurlos an der Kapelle vorübergegangen. Eine Granate hat eine Seitenwand des Gebäudes getroffen, aber nur ein ganz kleines Loch gerissen. Sonst ist drinnen und draußen nichts beschädigt. In einiger Entfernung von der Kapelle liegen mehrere zerschossene feindliche Tanks. Am Fuß der Lorettohöhe liegt das damals viel genannte Dorf Souchez, in dem auch jetzt wieder mehrere Häuser zerstört sind. Weiter nach Süden ragen die gewaltigen Ruinen der Kirche von St. Éloi empor. Auf derselben Straße geht es zurück, und dann biegen wir ab zur Vimy-Höhe, kommen durch das zerschossene Dorf Neuville-St.Vaast, nachdem wir an der Hauptstraße noch 2 Denkmälern unseren Besuch abgestattet haben, die dem Andenken der polnischen und der tschechischen Legion gewidmet sind, die auf Seiten Frankreichs gekämpft haben.
Auf der Vimy-Höhe erhebt sich das imposante Denkmal für 6000 gefallene Kanadier, eine sehr hübsche und saubere Bauausführung. Wieder haben wir einen schönen Blick auf Lens. Ich richte mein Augenmerk jedoch besonders nach Südosten, wo wir in den Orten Gavrelle und Roeux unseren Anteil an der Arrasschlacht Ostern 1917 zu bestreiten hatten. Nach heute verlaufen auf dem Vimyrücken die deutschen und kanadischen Schützengräben, die zu Teil in ein neues, dauerhaftes Gewand gekleidet sind, um die Erinnerung der Nachwelt zu überliefern. Noch stehen verschiedene Bunker und einfache Unterstände, und auch Granaten und militärische Ausrüstungsstücke aus der Zeit des großen Krieges liegen verstreut umher. Ganze, inzwischen wieder aufgeforstete Geländestreifen sind mit Draht umzäunt; vor ihrem Betreten wird durch viele Verbotsschilder gewarnt, da überall noch nicht krepierte Granaten umherliegen. Hier ergoß sich in den Jahren nach dem Weltkrieg eine Völkerwanderung von Engländern und Amerikanern, die hier ihre Souvenirs an den großen Krieg suchten. Eine Bude, in der man Karten und Andenken kaufen konnte, steht auch heute noch auf dem Schlachtfeld. Abends spät kommen wir nach Authuille zurück. Es war ein erlebnisreicher Tag!

 [Karte]
 
A wonderful day! At 7.30a.m. we drive with a few companions by car and lorry to Arras.   We have various jobs to do there. I go by car with Stampfer and Hahn. The journey goes through old battlefields, first past Beaumont-Hamel, Miraumont, Achiet-le Petit, Puisieux to the much fought-over Arras. Here bombs and grenades have done terrible damage. The worst destruction is around the station. According to what the civilian population tell us, 300 civilians were killed and about 1000 wounded. On our tour of the town we meet many Germans or former Germans from Lorraine, the Rhineland and Westfalia, who are on their way home. You could speak German the whole day. All curse the French, who lied to them and betrayed them. It seems to us that among all these German-speakers most are former emigrants who have now rediscovered their German hearts. At about 7pm we drive off again from Arras. We go to the World War  battlefields. 

Our route takes us via St. Cathérine to the large German military cemetery of La Targuette. Here they say that 48000 Germans lie buried. There is an endless number of dark wooden crosses.   You could spend days reading the names of the fallen. Yet the area as a whole makes a powerful impression, and the graves are in good condition. Flowers bloom in the white chalky ground.   What strikes me is the large number of Bavarians who are buried here. On every cross two names are noted, one on the front and the other on the back. We drive on to the Loretto Heights which dominate everything around, and from which you have a wonderful view on all sides, particularly to the east towards the town of Lens, lying in the plain, with its many coal bings. On the heights we first visit the powerful monument, which is built in the shape of a lighthouse, and which also has a searchlight in the top of the tower. On the front of the tower are written the words ” A Nos Glorieux Morts Des Champs de Bataille de l´Artois et des Flandres”
(to our glorious dead of the battlefields of the Artois and Flanders)

Behind the tower there stretch many rows of graves. Then we visit the chapel of Notre Dame de Lorette, which stands a short distance from the monument. A wondrous and powerful atmosphere spreads out from the interior, which is quite beautifully painted and decorated with mosaics. A solemn calm dominates the space. The present war has not quite passed the chapel by without a trace. A grenade hit the side wall of the building, but has created only a small hole. Otherwise there is no damage inside or outside. A short distance from the chapel lie several shell-riddled enemy tanks. At the foot of the Loretto Heights lies the village of Souchez much talked about at the time, in which many houses have once again been destroyed. Further to the south rise up the mighty ruins of the church of St. Éloi.  We head back by the same road, and then take off to Vimy Ridge, and drive through the bullet-riddled village of Neuville-St. Vaast, after completing visits to another 2 memorials on the main road, dedicated to the memory of the Polish and Czech legions who fought on the side of France.

At Vimy ridge the soars up an imposing memorial to 6000 fallen Canadians, a very attractive and neat construction. We have another good view of Lens. But I set my sights particularly to the south-east, where in the towns of Gavelle and Roeux we had to take our share in the fighting in the Battle of Arras at Easter 1917. Today the German and Canadian trenches still run along the Vimy Ridge, partly clothed in a new long-lasting covering in order to perpetuate the memory for generations to come.   Various bunkers and simple shelters are still in place, and the place is also littered with grenades and military weapons from the time of the Great War. Whole strips of land, since re-forested, are surrounded by wire; many signs forbidding entry warns against setting foot in them, since there are unexploded grenades lying around everywhere. In the years following the Great War a wave of immigration took place, with English and Americans looking for souvenirs of the Great War. On the battlefield there is still a stall where you can buy maps and souvenirs. Late in the evening we get back to Authuille. It was a day full of experiences!



FRA IT